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CHERRY POP
JANUARY 20, 2024 - MARCH 2, 2024
BERLIN
OPENING: 19. Januar, 18 - 20 Uhr
Laufen Fremde durch eine ihnen unbekannte Stadt, achten sie genauestens auf alle Ecken, Wände, Straßen und auf andere Passanten. Sie sehen sich alles aufmerksam und neugierig an – als wären sie auf einer Mission. So ging es auch Mehmet und Kazim während ihres Aufenthalts in New York im letzten Jahr. In den sechs Monaten wurde die Stadt zu ihrer Inspirationsquelle, und es ist nicht schwer zu verstehen warum: Beim Überqueren der Straße musst du nur in eine Richtung schauen und du brauchst nur nach oben zu blicken, um eine ganz neue Welt zu entdecken.
Graffitis als untrennbarer Teil des Erscheinungsbildes der Metropole konnte das Künstlerduo nicht ignorieren. Mehmet & Kazim eignen sich diese Ästhetik an und verwandeln sie in sorgfältig ausbalancierte Bilder und Zeichnungen. Mit schwarzen Markern, Kohle, Öl und Acryl werden glatte und raue Oberflächen bearbeitet, um die Bewohner nicht nur als Teil der Stadt, sondern die Stadt als Teil ihrer Bewohner darzustellen. Wenn Guston, Soulages und ein Kiffer an einer Straßenecke in Lower East Side ein Baby hätten, würde es wie eine Figur in den Bildern von Mehmet & Kazim aussehen. Aber lassen wir New York mal beiseite; es gibt schließlich auch Großstädte in kleinerem Maßstab.
Die Figuren in den Gemälden von Mehmet & Kazim lösen sich auf und saugen alles um sie herum auf in eine unsichtbare Blase. Diese bezaubernd überwältigten Inkognitos, zerquetscht von Verantwortung, Kapitalismus, Diskriminierung, Konsum oder Gentrifizierung, laufen mit ihren neuesten Einkäufen in Plastiktüten herum, lächeln von Ohr zu Ohr (oder Hand zu Hand?), sind am Rande der Verzweiflung, schreien still oder schwitzen einfach aus Angst entdeckt zu werden – vielleicht enthalten die Taschen ja gar nichts Gekauftes. Sie haben etwas Lustiges und Tragisches an sich; sie wurden von der Stadt zerkaut und auf den Bürgersteig ausgespuckt, wo sie seit geraumer Zeit verweilen. Da eine solche Dunkelheit auf diesen Kreaturen lastet, während sie sich dagegen wehren zu explodieren, scheint Schwarz die richtige Farbe zu sein, um sie darzustellen.
Die Geräusche der Stadt – die U-Bahn, Fremde, die vor sich hinmurmeln, das Klirren von Wechselgeld, das Hupen, das Schreien, der Baulärm, der Knall vom Cherry Pop – finden alle ihren Weg in diese Bilder. Die Kakophonie des Stadtlebens ist ein kollektiver Hilfeschrei, ein visuelles Tagebuch ausgebrannter Gleichgesinnter, die versuchen mit dem rasanten Tempo des städtischen Lebens Schritt zu halten.
Das Ding ist: Wir wissen nicht wirklich, was sie vorhaben, wo sie gewesen sind und was sie bedrückt, genauso wenig, wer hinter ihnen her sein könnte. Vielleicht geht es ihnen ganz gut. Alle sprechen vom Verlust der Privatsphäre im Internet, aber es gibt nichts so Anonymes wie eine Großstadt, keinen besseren Ort zum Verstecken, ein Treffpunkt für Fremde. Wer kennt heute noch seine Nachbarn, ihre Lebensgeschichten oder sogar ihre Vornamen? Und wen interessiert’$?
Strolling through an unfamiliar city, the stranger directs their attention to the corners, passers-by, walls and streets and avenues, frantically and curiously checking everything out as if on a mission. That’s how it was for Mehmet and Kazim during their stay in New York last year. In those six months, New York became their treasure trove of inspiration and it’s not hard to imagine why: you need to only look one way when crossing the street and need only look up for a whole new world to open.
An inseparable part of the sprawling metropolis is its graffiti, which the artist duo couldn’t avoid noticing in the streets. Mehmet & Kazim reappropriate its aesthetics into carefully balanced paintings done with black markers, charcoal, oil and acrylic in both smooth and rough surfaces to depict the inhabitants not only as part of the city, but the city as part of its inhabitants. It’s almost certain that it’s them, but also quite possibly everyone else. Let’s put it like this. If Guston, Soulages and a stoner on a street corner in Lower East Side had a baby, it would look like something out of a painting by Mehmet & Kazim. But we can leave New York out of this; there are big cities on a smaller scale, too.
The characters in Mehmet & Kazim’s paintings dissolve and absorb everything around them into an indiscernible bubble. These charmingly overwhelmed incognitos, crushed by responsibility, capitalism, discrimination, consumerism, or gentrification, walk around with plastic bags with their recent purchases, smiling from ear to ear (or hand to hand?), on brink of despair, silently screaming or just sweating out of fear of discovery—maybe the bags don’t contain anything bought. There is something funny and tragic about them, they have been chewed up and spit out by the city and they’ve been here for quite some time. As this darkness weighs on top of these creatures as they resist blowing up, black seems like a reasonable choice of color to depict it.
The city’s sounds – the subway, strangers muttering to themselves, change clacking, the honking, the shouting, construction noise, cherry pop – all find their ways into these paintings. The cacophony of city life is a collective cry for help, a visual diary of burned-out peers catching up with the relentless pace of urban existence.
The thing is, we don’t really know what they’re up to, where they’ve been and what is troubling them, nor who might be after them. Maybe they’re doing just fine. Everyone speaks of loss of privacy on the internet, but there isn’t anything as anonymous as a big city, no better place to hide, the hub for strangers. After all, who still knows their neighbors, their life stories, or even their first names? And who care$?
JANUARY 20, 2024 - MARCH 2, 2024
BERLIN
OPENING: 19. Januar, 18 - 20 Uhr
Laufen Fremde durch eine ihnen unbekannte Stadt, achten sie genauestens auf alle Ecken, Wände, Straßen und auf andere Passanten. Sie sehen sich alles aufmerksam und neugierig an – als wären sie auf einer Mission. So ging es auch Mehmet und Kazim während ihres Aufenthalts in New York im letzten Jahr. In den sechs Monaten wurde die Stadt zu ihrer Inspirationsquelle, und es ist nicht schwer zu verstehen warum: Beim Überqueren der Straße musst du nur in eine Richtung schauen und du brauchst nur nach oben zu blicken, um eine ganz neue Welt zu entdecken.
Graffitis als untrennbarer Teil des Erscheinungsbildes der Metropole konnte das Künstlerduo nicht ignorieren. Mehmet & Kazim eignen sich diese Ästhetik an und verwandeln sie in sorgfältig ausbalancierte Bilder und Zeichnungen. Mit schwarzen Markern, Kohle, Öl und Acryl werden glatte und raue Oberflächen bearbeitet, um die Bewohner nicht nur als Teil der Stadt, sondern die Stadt als Teil ihrer Bewohner darzustellen. Wenn Guston, Soulages und ein Kiffer an einer Straßenecke in Lower East Side ein Baby hätten, würde es wie eine Figur in den Bildern von Mehmet & Kazim aussehen. Aber lassen wir New York mal beiseite; es gibt schließlich auch Großstädte in kleinerem Maßstab.
Die Figuren in den Gemälden von Mehmet & Kazim lösen sich auf und saugen alles um sie herum auf in eine unsichtbare Blase. Diese bezaubernd überwältigten Inkognitos, zerquetscht von Verantwortung, Kapitalismus, Diskriminierung, Konsum oder Gentrifizierung, laufen mit ihren neuesten Einkäufen in Plastiktüten herum, lächeln von Ohr zu Ohr (oder Hand zu Hand?), sind am Rande der Verzweiflung, schreien still oder schwitzen einfach aus Angst entdeckt zu werden – vielleicht enthalten die Taschen ja gar nichts Gekauftes. Sie haben etwas Lustiges und Tragisches an sich; sie wurden von der Stadt zerkaut und auf den Bürgersteig ausgespuckt, wo sie seit geraumer Zeit verweilen. Da eine solche Dunkelheit auf diesen Kreaturen lastet, während sie sich dagegen wehren zu explodieren, scheint Schwarz die richtige Farbe zu sein, um sie darzustellen.
Die Geräusche der Stadt – die U-Bahn, Fremde, die vor sich hinmurmeln, das Klirren von Wechselgeld, das Hupen, das Schreien, der Baulärm, der Knall vom Cherry Pop – finden alle ihren Weg in diese Bilder. Die Kakophonie des Stadtlebens ist ein kollektiver Hilfeschrei, ein visuelles Tagebuch ausgebrannter Gleichgesinnter, die versuchen mit dem rasanten Tempo des städtischen Lebens Schritt zu halten.
Das Ding ist: Wir wissen nicht wirklich, was sie vorhaben, wo sie gewesen sind und was sie bedrückt, genauso wenig, wer hinter ihnen her sein könnte. Vielleicht geht es ihnen ganz gut. Alle sprechen vom Verlust der Privatsphäre im Internet, aber es gibt nichts so Anonymes wie eine Großstadt, keinen besseren Ort zum Verstecken, ein Treffpunkt für Fremde. Wer kennt heute noch seine Nachbarn, ihre Lebensgeschichten oder sogar ihre Vornamen? Und wen interessiert’$?
Strolling through an unfamiliar city, the stranger directs their attention to the corners, passers-by, walls and streets and avenues, frantically and curiously checking everything out as if on a mission. That’s how it was for Mehmet and Kazim during their stay in New York last year. In those six months, New York became their treasure trove of inspiration and it’s not hard to imagine why: you need to only look one way when crossing the street and need only look up for a whole new world to open.
An inseparable part of the sprawling metropolis is its graffiti, which the artist duo couldn’t avoid noticing in the streets. Mehmet & Kazim reappropriate its aesthetics into carefully balanced paintings done with black markers, charcoal, oil and acrylic in both smooth and rough surfaces to depict the inhabitants not only as part of the city, but the city as part of its inhabitants. It’s almost certain that it’s them, but also quite possibly everyone else. Let’s put it like this. If Guston, Soulages and a stoner on a street corner in Lower East Side had a baby, it would look like something out of a painting by Mehmet & Kazim. But we can leave New York out of this; there are big cities on a smaller scale, too.
The characters in Mehmet & Kazim’s paintings dissolve and absorb everything around them into an indiscernible bubble. These charmingly overwhelmed incognitos, crushed by responsibility, capitalism, discrimination, consumerism, or gentrification, walk around with plastic bags with their recent purchases, smiling from ear to ear (or hand to hand?), on brink of despair, silently screaming or just sweating out of fear of discovery—maybe the bags don’t contain anything bought. There is something funny and tragic about them, they have been chewed up and spit out by the city and they’ve been here for quite some time. As this darkness weighs on top of these creatures as they resist blowing up, black seems like a reasonable choice of color to depict it.
The city’s sounds – the subway, strangers muttering to themselves, change clacking, the honking, the shouting, construction noise, cherry pop – all find their ways into these paintings. The cacophony of city life is a collective cry for help, a visual diary of burned-out peers catching up with the relentless pace of urban existence.
The thing is, we don’t really know what they’re up to, where they’ve been and what is troubling them, nor who might be after them. Maybe they’re doing just fine. Everyone speaks of loss of privacy on the internet, but there isn’t anything as anonymous as a big city, no better place to hide, the hub for strangers. After all, who still knows their neighbors, their life stories, or even their first names? And who care$?